Staub kollidiert miteinander bei der Planetenentstehung im Weltraum. Solche Zusammenstöße wurden auf der Erde nachgeahmt. Die Beschaffenheit des Staubes spielt kaum eine Rolle, aber die Masse der Objekte und ihre Geschwindigkeit.
Kosmischer Staub, der um einen neugeborenen Stern kreist und nach und nach zu immer größeren Körnern, Krümeln und Klumpen anwächst, gilt als Geburtsort der Planeten. Die Ursprünge dieser Idee liegen bei Immanuel Kant und Pierre-Simon Laplace im 18. Jahrhundert. Bis heute ist die Hypothese durch Beobachtungen teilweise bestätigt und vielfach verbessert worden, viele Detailfragen sind aber immer noch offen.
Stoßen ein Steinchen und ein Staubklumpen zusammen, können beide zusammen verkleben, voneinander abprallen oder der Klumpen kann zerbersten. Wie stark die resultierende Explosion ist, hängt vor allem von der Masse und der Größe der Stoßpartner ab, die genauen Materialeigenschaften sind eher unwichtig. Dies zeigten Hiroaki Katsuragi🔗 und Jürgen Blum🔗 vor kurzem in einem Experiment am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik der Universität Braunschweig (IGEP🔗).
Staub im freien Fall
Der verwendete Staub besteht aus Quarz – millimetergroße, runde, harte Kügelchen oder unregelmäßige, poröse Körnchen. Zwei bis drei Gramm davon in ein Gefäß gestreut ergeben zentimetergroße Staubklümpchen. Was passiert mit diesen, wenn sie von einem härteren Projektil getroffen werden? Von Kugeln verschiedener Größen aus Plastik, Glas oder Blei. Besonders schnell waren die Zusammenstöße nicht: die Geschwindigkeit lag zwischen der eines Faultiers (4.5cm/s) und der eines Menschen (6km/h).
Um die Schwere- und Luftlosigkeit beim Zusammenstoß im Weltraum nachzuahmen, fallen die Proben während des Versuchs durch einen kleinen Fallturm. Aus diesem haben vorher Pumpen den Großteil der Luft gesaugt. Das Staubgefäß klappt blitzschnell beiseite und übergibt das Klümpchen dem freien Fall, wo es dann von einer der Kugeln eingeholt wird. Eine halbe Sekunde dauert der Sturz im 1.5 Meter hohen, gut beleuchteten Turm aus Plexiglas. Eine Hochgeschwindigkeitskamera fällt zeitgleich mit den Proben herab und macht 1500 Bilder von dem Versuch. Aus rechtlichen Gründen sind die Filme hier nicht zu sehen, aber de Zeitschrift veröffentlichte eine kurze Sequenz auf Twitter (ohne Anmeldung sichtbar) und einen anderen Zusammenstoß aus früheren Versuchen sieht man in diesem Video bei sieben Minuten.
Aus den Einzelbildern kann die Richtung und die Geschwindigkeit aller sichtbaren Objekte vor und nach dem Stoß gemessen werden. Wenige Tausendstel Sekunden vergehen von der ersten Berührung bis zum vollständigen Eintauchen des Projektils. Es wird später zwischen den Staubkörnern wieder sichtbar, wenn der Klumpen explodiert ist.
Beschaffenheit des Staubes unwichtig
Ob die Staubkörner rund und gleichmäßig sind oder porös und unregelmäßig, ob die Projektile hart wie Glas geschehen, sind oder weich wie Blei, es macht keinen Unterschied. In allen Stößen verteilt sich die vorhandene Energie ähnlich: ca. 80 Prozent verformen und erwärmen die Staubpartikel, 15 Prozent behält das Projektil und fünf Prozent bewegen die Staubkörner explosionsartig in alle Richtungen. Die am Crash beteiligten Massen und ihre relative Geschwindigkeit bestimmen die Stärke der Explosion, nicht die Größe oder das Material des Projektils und auch nicht die Beschaffenheit des Staubes.
In dem Experiment können also Teile ausgetauscht werden, ohne dass sich das Ergebnis ändert. Ein grundlegender Zusammenhang! Nicht allein schön an sich sondern auch praktisch bei der weiteren Erforschung der Planetenentstehung: sowohl im Experiment als auch in der Theorie kann die komplizierte Form des Staubes durch einfache Kugeln ersetzt werden. Dies gilt mindestens für die Quarzstäube der untersuchten Korngröße und für bestimmte Geschwindigkeiten. Langsamere und schnellere Stöße könnten in einem zweiten, höheren Turm an der TU Braunschweig untersucht werden.
©Niko Komin (Follow @kokemikal)
Quellenangabe:
- Originalartikel (Bezahlschranke): “Impact-Induced Energy Transfer and Dissipation in Granular Clusters under Microgravity Conditions”, Katsuragi & Blum, Phys. Rev Lett (2018), oder als Preprint frei zugänglich auf dem arXiv.
Bildnachweis:
- Titelbild: aus Pressemitteilung der TU-Braunschweig, Ausschnitte gedreht (Aufnahmen: Ingo von Borstel, Hiroaki Katsuragi, Jürgen Blum/TU Braunschweig, frei zur Veröffentlichung)
- Der Fallturm im Labor des IGEP (Foto: Ingo von Borstel, Hiroaki Katsuragi, Jürgen Blum/TU Braunschweig).
- PSD 70a Herkunftsnachweis: ESO/A. Müller et al.
geschehen,
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