Eine kleine Tropenwaldsaga

“Where the Amazon River starts” (Foto: I.W. Rodenas)

Der Ursprung moderner Tropenwälder liegt in einer Zeit, als die gesamte Landmasse der Erde in einem einzigen “Superkontinent” vereint war. Als dieser auseinander fiel, trennten sich auch die Wälder und entwickelten sich voneinander unabhängig weiter. Die heutige Zusammensetzung der Baumarten spiegelt die Geschichte der Tropenwälder wider.

Plattentektonik während der letzten 250 Millionen Jahre. Ursprünge der Tropenwälder liegen auf Pangaea.
Zerbrechen des Superkontinents „Pangaea„. Vor rund 200 Millionen Jahren trennt sich zunächst Indien, Australien und die Antarktis ab. Südamerika und Afrika bleiben noch eine Weile beieinander, erst vor ca. 100 Millionen Jahren entsteht der Südatlantik.


Amerikanische und afrikanische Wälder bilden eine größere Einheit, sie sind sich sehr ähnlich. Auch die Wälder in Australien, Asien, Indien und Madagaskar sind untereinander sehr verwandt und bilden eine zweite Einheit. Die Trennung der beiden Familien begann irgendwann vor etwa 200 Millionen Jahren, als der südliche Teil des Superkontinents zerbrach und so der heutige indische Ozean anfing zu wachsen. Erst viel später drifteten Südamerika und Afrika auseinander, daher sind die Unterschiede hier kleiner.
Verteilung der zwei Hauptkategorien der Tropenwälder.
Jeder Punkt auf der Karte entspricht einem untersuchten Ort. Wälder an roten Punkten gehören zur Afrikanisch-Amerikanischen Kategorie, blaue Punkte markieren die Indo-Pazifische Kategorie.

Fünf Tropenwaldarten

Schaut man noch genauer hin, kann man weitere Unterschiede erkennen: zum Einen gibt es in Amerika feuchte und trockene Tropenwälder. Letztere gedeihen aber auch an einigen Stellen in Afrika, Madagaskar und Indien, mit gleicher Zusammensetzung. Deshalb ergibt sich die Frage, ob diese tatsächlich einen jüngeren gemeinsamen Ursprung haben oder vielmehr durch Selektion unter dem Einfluss von Dürre und Feuer entstanden sind. Eine fünfte Tropenwaldkategorie (genannt Subtropischer Wald) wächst in Ostasien und in Mittelamerika in kühleren und höheren Lagen als die anderen Wälder. So weit auseinander liegende Gebiete mit sehr ähnlicher Zusammensetzung sind Hinweis auf eine Hypothese, nach der einst eine relativ einheitliche Vegetation die Nordhalbkugel umspannte, zu einer Zeit als Nordamerika und Eurasien noch recht nah beieinander lagen.

Feineinteilung der Tropenwälder und ihre heutige Verteilung.
Feinere Unterschiede als zwischen den beiden großen Gruppen zeigen sich zwischen Amerikanischem (rot=trocken/gelb=feucht) und Afrikanischem Wald (grün). „Subtropischer Wald“ (türkis) unterscheidet sich nochmal vom Indo-Pazifischen, kommt aber auch in Mittelamerika vor.

Waldevolution

Für das Inventar der weltweiten Wälder entwarfen Johan W. Ferry Slik und Janet Franklin eine umfangreiche Studie, an der über 180 WissenschaftlerInnen in weltweiter Zusammenarbeit mitarbeiteten. An über vierhundert verschiedenen Orden in den Tropen sammelten sie Proben von 900 000 einzelnen Bäumen und bestimmten jeweils die Art. Danach benutzten sie eine umfangreiche Datenbank, welche die “Angiosperm Phylogeny Group” in mehreren Kraftakten seit den 1990er Jahren erstellt hat. Diese Datenbank beschreibt einen sogenannten Phylogenetischen Baum: So wie der genetische Fingerabdruck einer Frau mehr dem Abdruck ihres Bruders ähnelt als dem ihrer Kusine, ist auch die Taglilie aus unserer Hummelgeschichte näher mit dem Spargel verwandt als mit der Ananas. Außerdem kann über die Anzahl der Unterschiede abgeschätzt werden, wann der oder die letzte gemeinsame VorfahrIn lebte. Bei Taglilie und Spargel sind es etwa 70 Millionen Jahre, die Vorfahren der Ananas trennten sich schon vor 100 Millionen Jahren von Taglilie und Spargel. Die so entstehende Verwandtschaftsgeschichte aller Arten heißt Phyologenetischer Baum.

Die hier vorgestellten Ergebnisse machen es leichter, den Einfluss zukünftiger Klimaänderungen abzuschätzen. Weiterhin helfen sie, grundlegende Fragen über die Entstehung der Tropenwälder zu beantworten. Bisher ging man nämlich davon aus, dass zum Beispiel Madagaskar und Neu-Guinea grundverschiedene tropische Regionen sind. Zwischen ihnen liegen rund 10 000 km Ozean. Die Ergebnisse zeigen jedoch, wie ähnlich beide Regionen sind und dass sie entstehungsgeschichtlich sehr nahe verwandt sein müssen. Aber insbesondere im Hinblick auf das Vorkommen der Subtropischen Wälder und die Trockenwälder sind nach wie vor viele Fragen offen.

Niko Komin ()

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