Fünf Virtuelle Museumsbesuche

Fünf virtuelle Museumsbesuche führen uns zu Ozeanriesen, Neandertalern, bronzezeitlichen Minen, wissenschaftlichen Experimenten und Raumstationen.

Wenn jemand die Wohnung nicht verlassen kann oder will, wenn die Anreise zu weit ist, oder zu teuer, wenn dann auch noch die Lieblingsserie vom Streamingdienst gelöscht wurde, das Fernsehprogramm langweilig und das Buch ausgelesen ist, dann bleibt eigentlich nur noch eines: ein virtueller Museumsbesuch. Immer mehr Einrichtungen sind virtuell begehbar, solange Strom und Internetverbindung funktionieren.

Naturkundemuseum Stuttgart

“Zwei Jahre intensiver Vorbereitung stecken in jeder Sonderausstellung, ein halbes Jahr steht sie – und dann ist sie Geschichte. Zu schade, meinen wir.”

Naturkundemuseum Stuttgart

Deshalb werden am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart die Sonderausstellungen digitalisiert, in virtuellen Räumen aufgearbeitet und stehen dann dem Publikum kostenlos über das Internet zur Verfügung. Das ist nicht nur eine sehr gute Idee sondern auch besonders gut gelungen. Drei Sonderausstellungen sind bis jetzt zu sehen: “Riesig im Meer”, “Leben im Bernsteinwald” und “Baubionik”. Die neueste, “Riesig im Meer”, widmet sich den großen Tieren und den großen Strukturen im Meer. Durch die integrierten Audiokommentare vom Ausstellungsleiter Stefan Merker wird der Besuch extra lebendig.

Die Steuerung der Kommentare braucht leider etwas Gewöhnung. So kann man beim Zuhören zwar um sich schauen, sollte aber nicht weitergehen, denn dann wird der Kommentar unterbrochen. Innerhalb eines Kommentars zu springen ist leider nicht möglich. Das Beste ist es also, zunächst einem einzelnen Kommentar aufmerksam zu lauschen und erst danach umherzugehen.

Screenshot vom Virtuellen Rundgang "Riesig im Meer" am SMNS. Links im Bild ein Selwal, am Rand die Übersichtskarte.
Screenshot vom virtuellen Rundgang „Riesig im Meer“. Links im Bild ein Selwal, am Rand die Übersichtskarte. ©SMNS

Neanderthal Museum

Im August 1856 fanden Arbeiter östlich von Düsseldorf in der Feldhofer Grotte ein paar menschliche Knochen. Die herbeigerufenen Naturforscher Johann Carl Fuhlrott und Hermann Schaaffhausen untersuchten dieses kräftige Skelett und beschrieben es der Forschergemeinde als “menschlichen Typus auf einer tiefen Stufe der Entwicklung”, was damals wohl zu heftigen Diskussionen führte. So kann man das in der Audioführung des Neanderthal Museums in Mettmann hören.

Das Museum virtuell begehbar aber nicht alle Texte an den Exponaten sind da optimal zu lesen. Erst mit dem Audioführer wird der virtuelle Besuch wirklich gut. Er kann kostenlos als App für Handys installiert oder als Sammlung von mp3-Dateien heruntergeladen werden. Da auch in der App ein Springen innerhalb einzelner Kommentare nicht möglich ist, sind die mp3-Dateien beim Besuch komfortabler.

Modelle verschiedener Menschenarten auf einer hölzernen Landschaft. Zu sehen auf dem virtuellen Rundgang im Neanderthal Museum.
Der Stammbusch der Menschenarten steht im Neanderthal Museum und kann beim virtuelle Museumsbesuch betrachtet werden. Foto: ©Neanderthal Museum

Bronzezeitliches Salzbergwerk Hallstatt

Im oberösterreichischen Hallstatt wird seit prähistorischer Zeit Salz abgebaut. Einer der ältesten Hinweise ist ein dort gefundener Pickel aus Hirschgeweih, der auf ein Alter von 7000 Jahren datiert wurde. Der ist aber noch kein Beweis. Eindeutig nachweisbar ist der Bergbau in Hallstatt für die letzten 4000 Jahre.

Etwa zu der Zeit, als in Asien die weltweit älteste Hose genäht wurde (vor etwa 3200 Jahren), kam es in Hallstatt zu einem großen Erdrutsch. In den dadurch verschlossenen Kammern erhalten sich organische Materialien wie Holz und Leder wegen des Salzes und der fehlenden Luft besonders gut: ein Glücksfall für die archäologische Forschung.

Drei Querschnitte durch den Berg. Zu sehen sind jeweils drei untereinander liegende Kammern durch Schächte verbunden. Darin Leitern. Im mittleren Bild bricht die Decke über der oberseten Kammer, verschüttet diese und den Eingang zum ersten Schacht. Im rechten Bild sind alle Kammern gefüllt mit Schutt und teilweise mit Bäumen von der Erdoberfläche.
Schnitt durch die bronzezeitliche Salzmine in Hallstatt während des Einsturzes. Abbildung von D. Gröbner und H. Reschreiter/NHM Wien.

Ein Glücksfall, der mit schwerer Arbeit verbunden ist. “Wir haben leider nicht die Möglichkeit, eine Kammer komplett freizulegen.” schreibt uns Hans Reschreiter, Leiter der Ausgrabungen am Salzbergwerk. “Das würde viele Jahrzehnte dauern – und wäre auch aus statischen Gründen problematisch.”

Die freigelegten Räume haben die ForscherInnen als räumliches Modell veröffentlicht, verschiedene Details haben sie beschriftet. Mit den kleinen am unteren Bildrand kann man sich auf einen kleinen Rundgang begeben. Außerdem gibt es 3D-Modelle eines mehrfach geflickten Kübels, eines Pickels und einer Kratze aus dem Bergwerk. Diese Werkzeuge aus Holz wären unter anderen Umständen nicht so lange erhalten geblieben.

Wer noch mehr über die Fundstätte Hallstatt lernen möchte, kann die Webseite des Naturhistorischen Museums Wien besuchen: zum Fundort Hallstatt allgemein und zum Bergwerk im Besonderen.

Innerhalb des 3D-Modells der Mine.  Quer zum Tunnel liegen dem Holzeile des eingestürzten Schachtes.
Screenshot des 3D-Modells von D. Brandner/NHM Wien

Deutsches Museum

Das Deutsche Museum in München hat Ausstellungen zu Wissenschaft und Technik mit einem sehr breiten Spektrum, welches jährlich 1,5 Millionen Menschen besuchen. Ein virtueller Besuch ist seit 2015 möglich und wurde im letzten Jahr komplett überarbeitet. Die gesprochenen Kommentare, die im Museum über das Handy gehört werden können, sind direkt in das virtuelle Museum eingebaut. Mit der App fällt die Orientierung auf vorbereiteten Touren etwas leichter.

Nicht alle Aufnahmen der Rundum-Kameras sind scharf genug, um die Beschriftungen und Erklärungen lesen zu können. Immer mehr Objekte des Deutschen Museums werden aber in einem digitalen Katalog aufgenommen. Dort sind sie zwar nicht in ihrer gewohnten Umgebung, dafür aber gestochen scharf und mit zusätzlichen Informationen. Teilweise, wie zum Beispiel beim Kernspaltungstisch von Otto Hahn, sind die digitalen Objekte direkt aus dem virtuellen Rundgang verlinkt.

Für Maximilian Reimann, Wissenschaftshistoriker am Deutschen Museum, ist der virtuelle Rundgang ein voller Erfolg. Tausende Besucher und Besucherinnen kämen jeden Monat auf die Webseite. Und die virtuelle Ausstellung wird weiter ausgebaut. “In Zukunft wollen wir hier unter anderem auch 3D-Objekte in den Rundgang integrieren.” sagt Reimann und verweist schon mal auf das Internetportal “bavarikon”, wo auch Objekte aus dem Deutschen Museum in hoch auflösenden, dreidimensionalen Aufnahmen zu sehen (und zu drehen) sind.

Ein Fahrgestell mit Astronauten im weißen Anzug. Schwarze, staubige Ballonreifen sind mit orangefarbenen Schutzblechen umhüllt. Kein Dach. Zu sehen auf dem Virtuellen Rundgang des Deutschen Museums München.
Mondauto im Deutschen Museum. Screenshot des Virtuellen Rundgangs.

ISS

Zwanzig Jahre ist es her, dass das Ende der sowjetischen Raumstation Mir beschlossen wurde, am 23. März 2001 drehte sie ihre letzte Runde und wurde dann in den Pazifik gelenkt. Zu dieser Zeit war die Internationale Raumstation ISS noch ganz neu, die zweite Besatzung hatte gerade den Dienst übernommen. Inzwischen ist aber auch die ISS in die Jahre gekommen und hin und wieder werden Rufe nach einem baldigen Ende der Raumstation laut, zuletzt von Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin (Der Tagesspiegel).

Unabhängig davon, wann das Ende der Raumstation kommt, haben nur wenige Menschen die Möglichkeit zu einem Besuch. Wer nicht Raumfahrerin ist und auch nicht das nötige Kleingeld für einen touristischen Ausflug hat, kann die ISS aber immerhin virtuell betreten. Die ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti fotografierte dafür 2015 alle Module aus verschiedenen Blickwinkeln.

An verschiedenen Stellen gibt es zusätzliche Informationen als Text oder auch Video. Beim Anzeigen der Videos kann es Probleme geben, da moderne Browser die “nicht sicheren Inhalte” blockieren. Zur Abhilfe muss man diesen Schutz deaktivieren. Beim Firefox geht das vorübergehend (bei dem Schloss-Symbol neben der Adresse), bei anderen Browsern überlebt die Ausnahme den Neustart. Eine Überarbeitung oder Erweiterung der virtuellen Tour ist laut ESA derzeit nicht geplant.

Screenshot des Virtuellen Rundgangs auf der ISS. Zu sehen ist die sogenannte Cupola mit Sicht zur Erde und ESA Astronautin Samantha Cristoforetti. Fotos: S. Cristoforetti, ©ESA.

Andere Angebote

Wie oben schon geschrieben, wird das Angebot für für virtuelle Museumsbesuche immer größer. Nicht immer ist ein dreidimensionaler Rundgang die beste Wahl. Hochauflösende Nahaufnahmen mit Begleittext sind bei einzelnen Objekten wie zum Beispiel der Venus von Willendorf weitaus besser. Die Plattform Google Arts & Culture beherbergt einen unerschöpflichen Fundus aus aller Welt, der weit über Wissenschaft und Technik hinaus geht.

©Niko Komin (@kokemikal)

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