Parasiten im Blut von Hunden verändern den Geruch so, dass Sandmücken infizierte Hunde bevorzugt anfliegen.
Leishmaniose ist eine Krankheit, die von Parasiten verursacht wird. Sie kommt vor allem in den Tropen und Subtropen vor und wie bei Malaria werden die Erreger von stechenden Insekten übertragen. Diese nehmen die Parasiten mit dem Blut eines infizierten Tieres auf und können danach andere Tiere anstecken. Bei der Leishmaniose sind Sandmücken die Überträger. An der Leishmaniose erkranken Säugetiere, auch Menschen und besonders Hunde sind davon betroffen. Sie bilden in der Regel das Reservoir, von dem aus Menschen infiziert werden.
Bereits 2019 bauten Monica Staniek und Gordon Hamilton von der Universität Lancaster im Norden Englands gemeinsam mit ForscherInnen aus Brasilien eine “künstliche Nase” und stellten damit fest, dass ein infizierter Hund anders riecht, als ein uninfizierter. In einer nun veröffentlichten Arbeit konnten sie zeigen, dass Sandmücken den Geruch infizierter Hunde bevorzugen.
„Jetzt haben wir einen menschengemachten chemischen Detektor ‘eNose’ und einen Sandmückendetektor, die Antennen der weiblichen Sandmücke.“ – Gordon Hamilton
In Großbritannien oder auch Deutschland gibt es selten Fälle von Leishmaniose. Hier ist die Krankheit nicht “endemisch”. Es kommt also nur zu Importfällen, zum Beispiel aus dem Urlaub. In Brasilien ist das anders, hier ist die Erkrankung recht häufig. Monica Staniek fragte 2017 und 2018 in der brasilianischen Stadt Governador Valadares HundebesitzerInnen, ob sie von deren Hund eine Blutprobe und ein Büschel Nackenhaare für ihre Forschungszwecke haben dürfe. Diese wurden dann in den nachfolgenden Studien verwendet.
Zurück im Labor
Im Blut suchten die WissenschaftlerInnen nach Genschnipseln des Parasiten, um eine mögliche Infektion nachzuweisen. Aus den Haaren extrahierten sie mit einem Lösungsmittel den Geruch des Hundes, die sogenannten flüchtigen organischen Verbindungen (VOC). Die Sandmücken züchtet die Universität Lancaster selbst, aus Nachkommen von brasilianischen Exemplaren einer etwas weiter nördlicher liegenden Gegend (Jacobina).
Als Versuchsarena dienten Y-förmige Röhrchen: Jeweils ein Röllchen Filterpapier mit einem kleinen Tröpfchen der zu testenden Substanz steckt in zwei der Enden. In das dritte Ende setzen ExperimentatorInnen eine Mücke, warten drei Minuten und schreiben dann auf, wofür sich die Mücke entschieden hat oder ob sie unentschieden im Startröhrchen hockt.
Bei der Wahl zwischen dem Duft nicht infizierter Hunde und reinem Lösungsmittel, bevorzugten sie das Röhrchen mit dem Hundeduft. Dies galt sowohl für die weiblichen Mücken als auch für die männlichen, die eigentlich gar nicht am Blut als Mahlzeit interessiert sind. Doch dazu später mehr.
Lagen in beiden Ärmchen Duftproben, immer paarweise eines infizierten und eines nicht infizierten Hundes, machten Männchen keinen Unterschied, wohin sie flogen. Die meisten Weibchen hingegen bevorzugten den Geruch eines infizierten Hundes.
Paarung der Mücken und Ausbreitung des Parasiten
Männchen der Sandmücken ernähren sich nicht von Blut. Dennoch werden sie vom Geruch der Säugetiere angezogen. Auf der Haut der Tiere werben die Männchen um Paarungspartner. Kommt dann ein Weibchen hinzu, kann es sich ein Männchen zur Paarung aussuchen und dann direkt nach einer Blutmahlzeit weiterfliegen. In diesem einfachen Paarungsmodell der Sandmücken wählen die Männchen zuerst das Tier aus und die Weibchen kommen dann hinzu.
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Staniek und Hamilton schlagen nun vor, dass die weiblichen Mücken auch ohne den Einfluss der Männchen die Hunde auswählen. Da der Parasit den Geruch des Hundes verändert, ziehen die Weibchen zumindest in Abwesenheit von Männchen die infizierten Hunde vor und saugen zunächst dort Blut. Spüren sie nach einer Mahlzeit den Hormonen der Männchen nach, landen sie auch auf einem nicht infizierten Hund und saugen noch einmal Blut. So helfen sie dem Parasiten besser bei der Verbreitung, als wenn sie die Hunde zufällig wählten. Ein solcher Parasit verbreitet sich also weiter als derjenige, der nicht den Geruch zu seinen Gunsten verändert.
Komplett unerwartet ist die Erkenntnis der präsentierten Studie nicht. Es gibt Arbeiten, die auch bei Anophelesmücken eine Bevorzugung von mit Malaria infizierten Menschen beschreiben. Für Leishmaniose hatten Experimente mit Goldhamstern Ähnliches gezeigt. Allerdings kommen Goldhamster in der Natur weder mit Sandmücken noch mit Leishmaniose in Kontakt. Außerdem hatten männliche Mücken keinerlei Interesse an infizierten Hamstern. Diese Ergebnisse sind also weiter von der Realität entfernt, als die jetzt vorgelegte Studie.
Neben dem reinen Verständnis der Übertragung dieser Krankheit könnten die Ergebnisse ganz praktische Anwendungen haben, wenn zum Beispiel Moskitofallen mit Gerüchen versehen werden. Allerdings wird aus der Studie noch nicht klar, ob das außerhalb des Labors, also mit lebendigen Tieren und bei größeren Distanzen und Luftbewegung auch so funktioniert.
©Niko Komin (@kokemikal)