Geschmack ist nicht das Einzige, was bittere oder scharfe Speisen im Mund hinterlassen. Sie stimulieren auch die Immunabwehr im Speichel.
Der Mund produziert Speichel aus Wasser und verschiedenen darin gelösten Salzen sowie Proteinen und kleineren organischen Molekülen und körpereigene Immunzellen. So hilft Speichel beim Erhalt der Zähne und wehrt gewisse Bakterien ab. Andere Bakterien fühlen sich in der Mischung sehr wohl und gehören zusammen mit einigen Pilzen und Viren zu einem gesunden Speichel.
Beim Kauen wird Essen zerkleinert und mit Speichel vermengt. Aromen können dabei in die Nase aufsteigen. Einige Geschmacksstoffe reizen die Zunge direkt und schmecken dann zum Beispiel bitter oder süß. Diese Stoffe ändern gleichzeitig die Zusammensetzung des produzierten Speichels, und zwar über das Schlucken bzw. Ausspucken hinaus. So berichten jetzt Matthias Bader und andere ForscherInnen von der TU München. Acht verschiedene Geschmacksstoffe spülten Probanden durch ihre Münder, dann rückten die ForscherInnen dem Vorher- und Nachherspeichel mit einer ganzen Reihe von Analysemethoden zu Leibe.
Mehr Antibiotika im Speichel
So sehen sie, wie sich der Speichel ändert. Die wahrscheinlich interessanteste Beobachtung machten sie bei dem Stoff, der frischem Ingwer seine Schärfe verleiht: Gingerol. Gingerol im Mund bringt die Speicheldrüsen dazu, mehr eines bestimmten Enzyms zu bilden. Dieses lässt im Speichel ein Antibiotikum gegen Bakterien entstehen, die für entzündliche Erkrankungen verantwortlich sind (Parodontitis). Wohlgemerkt: nicht der Ingwer selbst wirkt hier antibakteriell sondern er veranlasst die Verstärkung der mundeigenen Abwehr. Ähnliches gilt für Zitronensäure. Sie regt sogar zwei verschiedene Wege der Bakterienabwehr an – mit einem körpereigenen Antibiotikum und mit einem, das im Speichel erst mit Hilfe eines weiteren Enzyms gebildet wird.
Die beobachteten Veränderungen im Speichel sind nicht rein akademischer Natur. Die ForscherInnen haben direkt gezeigt, dass die entstandenen Antibiotikamengen Bakterien effektiv bekämpfen. Neben möglichen Konsequenzen für die Mundhygiene sind die Ergebnisse auch für das Verständnis der Mundflora interessant. Beispielsweise ist es sowohl für den Patienten als auch für die Ärztin viel bequemer, wenn zur Diagnose Speichel statt Blut verwenden kann. Bei einigen Krankheiten ist dies bereits möglich, indem man etwa DNA-Schnipsel von einer Bakterieninfektion findet oder gewisse Antikörper nachweisen kann.
Das Mikrobiom
Obwohl Bakterien im Mund mit verschiedenen Methoden bekämpft werden, ist eine Vielzahl an Bakterien in gesundem Speichel heimisch. Die Zusammensetzung variiert dabei von Mensch zu Mensch aber auch bei einem Menschen von Tag zu Tag. Auch auf der Haut, im Darm oder in der Nase gesunder Menschen leben Bakteriengemeinschaften. Alle zusammen bezeichnet man als Mikrobiom. Die Gemeinschaften in den verschiedenen Lebensräumen (Mund, Nase, Bauchnabel, Stirn usw.) kann man untereinander vergleichen. Dabei machten unter anderem ForscherInnen von der Universität in Boulder, Colorado interessante Beobachtungen. Sie schreiben zum Beispiel im Jahr 2009, dass die Zusammensetzung der Bakterien unter den Armen sehr ähnlich der unter den Fußsohlen ist. Aber die Kniekehlen ähneln da eher dem Bauchnabel, als den ihnen näher liegenden Füßen.
Die Erforschung der Bakterienwelt auf und in unseren Körpern ist ein breites und modernes Feld der Wissenschaft. Die Erkenntnisse finden regelmäßig ihren Weg in die Schlagzeilen, da unsere Gesundheit stark vom Zusammenleben mit den Bakterien beeinflusst ist.
Niko Komin (Follow @kokemikal)
Quellenangabe:
- Originalartikel (Bezahlschranke): “Dynamic Proteome Alteration and Functional Modulation of Human Saliva Induced by Dietary Chemosensory Stimuli”, Bader et al. J. Agric. Food Chem. (2018)
- Mikrobiom: “Bacterial Community Variation in Human Body Habitats Across Space and Time”, Costello et al. Scince (2009), (Bezahlschranke)
Bildnachweis:
- Titelbild: “Ginger and 2 Lemon Fruit” von Ryan Adams, (CC BY 2.0)
- Streptococcus Mutans, gemeinfrei
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