Angststörungen können bei Herzinfarkt schützen

„Rettungswagen” (Foto: Golda)

Menschen mit Generalisierter Angststörung reagieren bei Herzinfarkten schneller und entschiedener. Dadurch verkürzt sich die Dauer bis zur Behandlung im Krankenhaus und es gibt weniger Komplikationen.

Empfindet jemand anhaltend übertriebene Angst ohne eine wirkliche Bedrohungen und hat dadurch große Einschränkungen im Leben, sprechen Ärzte von einer Angststörung. Im Gegensatz zur Angst vor Spinnen oder großen Höhen erleben die Betroffenen dauerhaft allgemeine Angstgefühle und sorgen sich  zum Beispiel übermäßig um ihre Beziehungen, Gesundheit oder Finanzen. Oft schlafen sie schlecht, haben Konzentrationsschwierigkeiten oder sind besonders reizbar. Man weiß, dass Herzprobleme bei Angstpatienten häufiger auftreten. Dass aber eine solche Angst im Falle eines Herzinfarkts auch schützend wirken kann, hat eine Gruppe um Karl-Heinz Ladwig in München gezeigt.

Angstpatienten sind schneller im Krankenhaus

Während eines Zeitraumes von ca. fünf Jahren wurden in München 600 Herzinfarktpatienten im Krankenhaus untersucht und befragt. Die ForscherInnen wollten die Dauer zwischen Einsetzen der Symptome und Beginn der Maßnahmen im Krankenhaus bestimmen und mit dem Vorhandensein einer Generalisierten Angststörung vergleichen. Im Durchschnitt aller Patienten dauerte es ungefähr drei Stunden bis zur Behandlung. Trennt man jedoch die Patienten nach denen mit Angststörung und denen ohne, wird ein großer Unterschied sichtbar: die Angstpatienten erreichen die Notaufnahme fast anderthalb Stunden früher.

Faktoren wie eine akute Todesangst beschleunigen generell die Entscheidung, einen Notruf auszulösen. Allerdings weiß man durch die Befragungen, dass dies hier nicht die Ursache für die verkürzte Reaktionszeit war. Den größten Einfluss auf die verstrichene Zeit hatte eher der Umstand, das die Angstpatienten die Entscheidung ins Krankenhaus zu gehen selber trafen, statt sich von anderen dazu bewegen zu lassen. Die Wahrscheinlichkeit dafür war fast dreimal so hoch wie bei jenen ohne Angststörung. Warum der Unterschied in den Reaktionszeiten bei Frauen besonders groß ist, kann bis jetzt niemand beantworten. Frauen ohne Angst brauchen länger ins Krankenhaus als Männer, Frauen mit Angst jedoch kürzer.

Herz und Seele

Piktogramm weist auf automatisierten externen Defibrillator hin
Hinweisschild auf einen automatisierten externen Defibrillator (Public Domain)

Herzinfarkte sind Durchblutungsstörungen des Herzmuskels und laut Bundesamt für Statistik die zweit häufigste Todesursache in Deutschland. Je schneller medizinische Hilfe geleistet wird, desto größer sind die Heilungschancen. Daher ist bei dem Verdacht auf Herzinfarkt die Scheu einen Fehlalarm auszulösen dringend zu überwinden. Es gilt unbedingt sofort den Rettungsdienst zu rufen (europaweit unter der Rufnummer 112 erreichbar) und auch nicht auf eine Verbesserung der Symptome zu hoffen. Im Falle eines Herzstillstandes muss sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen werden oder ein von Laien benutzbarer “Laiendefibrillator” eingesetzt werden. Diese gibt es inzwischen in vielen öffentlichen Räumen.

An einer generalisierten Angststörungen haben schätzungsweise 4% bis 7% aller Menschen schon einmal gelitten. Frauen leiden häufiger darunter als Männer. Zwar geht die Angststörung oft mit einer Depression einher, wird aber auch häufig als solche (falsch) diagnostiziert da sich viele Symptome überschneiden. Heute sind sich Ärzte aber einig, dass es sich um zwei verschiedene Probleme handelt. Betroffene Menschen leiden darunter dauerhaft, oft über viele Jahre. Am meisten Erfolg versprechen Kognitive Verhaltenstherapie und der Einsatz von Medikamenten, unter anderem Antidepressiva. Die Ursachen liegen zu einem großen Teil noch im Dunkeln. In Familien- und Zwillingsstudien sieht man, dass Vererbung eine Rolle spielt, allerdings einer sehr kleine. Weitere Rollen spielen Erziehungsstil und Kindheitserlebnisse oder belastende Lebenserfahrungen.

Niko Komin ()

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